In Deutschland ist die Reform der Erbschaftssteuer derzeit eines der heißesten politischen Themen. Das Expertengremium der Wirtschaftsweisen hat nun einen Vorschlag für eine umfassende Reform vorgelegt, der das Steuerrecht in Deutschland grundlegend verändern könnte. Sollte diese Reform tatsächlich umgesetzt werden, würde sie erhebliche Auswirkungen auf Erben, Unternehmer und die gesamte deutsche Wirtschaft haben. Doch was genau steckt hinter den Reformvorschlägen, und was würde das für dich bedeuten, wenn die Änderungen Realität werden?
Was schlagen die Wirtschaftsweisen vor?
Der Sachverständigenrat der Wirtschaftsweisen, der die Bundesregierung regelmäßig zu gesamtwirtschaftlichen Themen berät, fordert in seinem neuesten Gutachten eine tiefgreifende Reform der Erbschaftssteuer. Ihr Ziel ist es, das Steuersystem gerechter zu gestalten und die Steuerlast für große Vermögen und Betriebsvermögen stärker zu berücksichtigen. Der Vorschlag umfasst vor allem drei zentrale Änderungen:
- Erhöhung des Steuerfreibetrags für nahe Verwandte
Eine der wichtigsten Änderungen ist die Erhöhung des Steuerfreibetrags für nahe Verwandte wie Kinder, Ehepartner und eingetragene Lebenspartner. Durch diese Erhöhung sollen kleinere bis mittelgroße Erbschaften künftig weniger oder gar nicht besteuert werden. Konkret schlagen die Wirtschaftsweisen vor, dass der Freibetrag für Kinder auf bis zu 500.000 Euro steigen soll. Dies würde insbesondere für Familien mit einem weniger umfangreichen Vermögen eine spürbare Entlastung bedeuten und die Steuerlast erheblich verringern. -
Strengere Besteuerung von Betriebsvermögen
Ein weiteres zentrales Anliegen der Reform ist die Reduzierung der großzügigen Steuervergünstigungen für Betriebsvermögen. Momentan können große Unternehmensvermögen unter bestimmten Voraussetzungen von der Erbschaftssteuer befreit werden, wenn das Unternehmen nach der Erbschaft weiterhin als Betrieb fortgeführt wird. Diese Vergünstigungen sollen jedoch künftig stark eingeschränkt oder sogar ganz abgeschafft werden. Ziel ist es, den Missbrauch zu verhindern, bei dem reiche Erben Betriebsvermögen zum Zwecke der Steuervermeidung erhalten. -
Einführung eines progressiven Steuersatzes
Ein weiterer Punkt der Reform ist die Einführung eines progressiven Steuersatzes für die Erbschaftssteuer. Dieser Steuersatz soll je nach Höhe des geerbten Vermögens steigen. Insbesondere bei sehr hohen Erbschaften, die mehrere Millionen Euro umfassen, sollen die Erben in Zukunft deutlich höhere Steuern zahlen. Der progressive Steuersatz würde somit dazu führen, dass besonders wohlhabende Erben einen größeren Beitrag leisten müssen.
Warum ist dieser Vorschlag so umstritten?
Die Reformvorschläge der Wirtschaftsweisen haben bereits heftige politische und gesellschaftliche Diskussionen ausgelöst. Auf der einen Seite gibt es die Befürworter der Reform, die die geplante Steuererhöhung als notwendig ansehen, um den Staatshaushalt zu stabilisieren und eine gerechtere Vermögensverteilung zu erreichen. Diese Gruppe argumentiert, dass es unhaltbar ist, dass große Vermögen, besonders von Erben von Unternehmen, weiterhin von der Erbschaftssteuer weitgehend verschont bleiben.
Auf der anderen Seite gibt es jedoch erhebliche Bedenken, insbesondere vonseiten des Mittelstands und der Familienunternehmen. Kritiker befürchten, dass die Reform vor allem kleine und mittelständische Unternehmen hart treffen würde. Besonders die geplante Verschärfung der Besteuerung von Betriebsvermögen wird als potenziell existenzbedrohend für viele Unternehmer angesehen.
Ein zentrales Problem: Wenn Familienunternehmen mit großen Betriebsvermögen in die Erbschaftssteuerpflicht geraten, könnten sie in eine finanzielle Zwangslage geraten. In vielen Fällen würde es für die Erben schwierig, die hohen Steuerforderungen zu begleichen, ohne Teile des Unternehmens verkaufen oder gar Kredite aufnehmen zu müssen. Diese Maßnahmen könnten das langfristige Überleben des Unternehmens gefährden.
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Ein konkretes Beispiel: Was würde sich ändern?
Nehmen wir das Beispiel von Maximilian Müller, einem erfolgreichen Unternehmer, der ein mittelständisches Unternehmen in der dritten Generation führt. Der Betrieb hat einen Wert von etwa 20 Millionen Euro und soll an die nächste Generation übergeben werden.
Aktuelle Regelung (Stand 2025):
Unter der aktuellen Gesetzgebung könnte Maximilian seine Firma steuerfrei an seine Kinder weitergeben, da Betriebsvermögen unter bestimmten Bedingungen von der Erbschaftssteuer befreit ist. Die Kinder müssten keine Steuer zahlen, wenn sie das Unternehmen mindestens fünf Jahre lang fortführen und keine wesentlichen Veränderungen vornehmen. Diese Regelung ermöglicht einen reibungslosen Generationenwechsel, ohne dass das Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten gerät.
Zukünftige Reform unter den Wirtschaftsweisen:
Wenn die Reformvorschläge umgesetzt werden, würde sich die steuerliche Behandlung des Betriebsvermögens ändern. In einem Szenario, in dem Maximilian seine Firma an seine Kinder vererbt, würden die Steuervergünstigungen für das Betriebsvermögen entweder stark reduziert oder ganz entfallen. Das bedeutet, dass die Erben eine erhebliche Steuerlast auf das Unternehmensvermögen tragen müssten. Bei einem Unternehmenswert von 20 Millionen Euro und einem progressiven Steuersatz von bis zu 30 Prozent auf den überschreitenden Betrag könnte die Steuerforderung schnell in den Millionenbereich gehen.
In einem solchen Fall müssten die Erben entweder Teile des Unternehmens verkaufen oder Kredite aufnehmen, um die hohe Steuerlast zu decken. Diese Maßnahmen könnten das Unternehmen stark belasten, die Liquidität gefährden oder sogar das gesamte Geschäft gefährden, wenn die notwendigen finanziellen Mittel nicht schnell aufgebracht werden können.
Was bedeutet das für dich?
Wenn du ein großes Vermögen geerbt hast oder ein Familienunternehmen weitergeben möchtest, könnten sich durch die geplante Reform einige wesentliche Änderungen ergeben. Für kleinere Erbschaften dürften die Erhöhungen der Freibeträge keine oder nur geringe Auswirkungen haben. Doch für größere Vermögen und insbesondere für Betriebsvermögen könnte die Steuerlast erheblich steigen. Die Reform würde besonders für Unternehmer und Selbstständige mit großen Betriebsvermögen zu einer echten finanziellen Belastung führen.
Für Unternehmer, die sich auf eine Unternehmensnachfolge vorbereiten, könnte die Reform dazu führen, dass sie ihre Nachfolgeplanung und Steuerstrategie frühzeitig anpassen müssen. Eine rechtzeitige Beratung durch Steuerexperten oder eine sorgfältige Planung der Unternehmensübergabe könnte dabei helfen, hohe Steuerlasten und finanzielle Schwierigkeiten zu vermeiden.
Die politische Debatte um die Erbschaftssteuerreform ist noch nicht abgeschlossen. Während einige Parteien die Steuererhöhung als notwendig ansehen, um die Kassen des Staates zu füllen und die Vermögensverteilung gerechter zu gestalten, gibt es auf der anderen Seite starke Widerstände, die vor allem den Mittelstand und Familienunternehmen schützen wollen. Sollte der Vorschlag der Wirtschaftsweisen Realität werden, würde sich das Steuerrecht in Deutschland jedoch erheblich verändern – mit weitreichenden Konsequenzen für viele Erben und Unternehmer.
