Immer mehr Menschen leben, arbeiten oder investieren heute im Ausland. Viele Familien sind international aufgestellt – mit Angehörigen, Vermögen oder Immobilien in verschiedenen Ländern. Doch was passiert, wenn ein Erbfall eintritt und Nachlassfragen plötzlich nicht mehr nur deutsches Recht betreffen?
In diesem Beitrag erfahren Sie, worauf Sie bei internationalen Erbfällen achten müssen, welches Erbrecht gilt und wie Sie mögliche Konflikte vermeiden können.
Welches Erbrecht gilt bei internationalen Erbfällen?
Sobald ein Erbfall mit Auslandsbezug vorliegt – z. B. weil der Erblasser im Ausland lebte, eine andere Staatsangehörigkeit hatte oder Auslandsvermögen hinterlässt – stellt sich eine zentrale Frage:
➡️ Nach welchem nationalen Recht richtet sich die Erbfolge?
Innerhalb der EU: Wohnsitz entscheidet
Innerhalb der Europäischen Union gilt seit 2015 die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO). Diese bestimmt:
Es gilt das Erbrecht des Landes, in dem der Erblasser zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Das bedeutet: Lebte ein deutscher Staatsangehöriger etwa dauerhaft in Spanien und verstirbt dort, dann richtet sich die Erbfolge grundsätzlich nach spanischem Erbrecht – nicht nach deutschem.
Rechtswahl im Testament möglich
Wer dies vermeiden möchte, kann in seinem Testament ausdrücklich bestimmen, dass das Recht seines Heimatstaates gelten soll – in unserem Beispiel also deutsches Erbrecht.
Das ist besonders sinnvoll, wenn man verhindern will, dass plötzlich ausländisches Recht mit anderen Regeln zur Anwendung kommt – etwa bei Pflichtteilsansprüchen oder der Erbquote.
Was gilt außerhalb der EU?
Die Europäische Erbrechtsverordnung gilt nicht für alle Länder. In Drittstaaten – also z. B. USA, Schweiz oder Türkei – muss im Einzelfall geprüft werden, welches nationale Recht Anwendung findet.
Dazu kommen nationale Regelungen, sogenannte Kollisionsnormen, die oft stark vom europäischen Verständnis abweichen.
🔎 In den USA beispielsweise gelten ganz andere Regelungen zur Testierfreiheit. Auch Erbverträge sind dort meist nicht anerkannt.
Fazit: Bei Erbfällen mit Bezug zu Nicht-EU-Ländern ist eine juristische Prüfung unerlässlich.
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Nachlassabwicklung über Grenzen hinweg
Auch die praktische Abwicklung eines grenzüberschreitenden Nachlasses ist komplexer.
In der EU: Europäisches Nachlasszeugnis
Zur Vereinfachung kann bei EU-Erbfällen ein Europäisches Nachlasszeugnis (ENZ) beantragt werden. Dieses Dokument wird in allen EU-Ländern anerkannt (außer Irland und Dänemark) und erleichtert die Anerkennung der Erbenstellung – etwa bei Banken oder Behörden.
In Drittstaaten: Nationale Verfahren
In Nicht-EU-Ländern ist häufig ein lokales Verfahren notwendig. Dabei kann es sein, dass ein deutscher Erbschein nicht anerkannt wird oder beglaubigte Übersetzungen, Apostillen oder zusätzliche Nachweise erforderlich sind.
Immobilien und Auslandsvermögen
Vorsicht ist insbesondere geboten, wenn Immobilien im Ausland Teil des Nachlasses sind. Denn hier gelten fast immer länderspezifische Besonderheiten:
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In Spanien und Frankreich müssen Grundbuchänderungen über Notare abgewickelt werden.
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In der Türkei ist für die Eintragung der Erbenstellung eine Genehmigung der Behörden erforderlich.
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In den USA gibt es sogenannte Probate-Verfahren, die stark vom deutschen Erbscheinverfahren abweichen.
Auch Bankguthaben, Unternehmensbeteiligungen oder Wertpapiere im Ausland erfordern in der Regel länderspezifische Nachweise für den Erbenzugriff.
Erbschaftsteuer im Ausland – droht Doppelbesteuerung?
Internationale Erbfälle haben oft auch steuerliche Folgen. Grundsätzlich unterliegt das gesamte Erbe der deutschen Erbschaftsteuer, wenn der Erblasser oder der Erbe seinen Wohnsitz in Deutschland hat – unabhängig davon, wo sich das Vermögen befindet.
Wird das Auslandsvermögen zusätzlich im Ausland besteuert, kann es zu einer Doppelbesteuerung kommen.
Zwar bestehen mit einigen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) – z. B. mit den USA, Frankreich oder der Schweiz – aber längst nicht mit allen Ländern. Ohne entsprechende Planung kann das zu erheblichen Steuerlasten führen.
Was Erblasser und Erben tun sollten
Internationale Erbfälle lassen sich mit der richtigen Vorbereitung gut steuern. Ob Sie Erblasser sind oder als Erbe betroffen sind – folgende Punkte sollten Sie beachten:
✅ Testament mit klarer Rechtswahl verfassen
✅ Auslandsvermögen erfassen und dokumentieren
✅ Erbschaftsteuerliche Aspekte vorab prüfen lassen
✅ Rechtslage im betroffenen Ausland kennen
✅ Fachkundige Beratung durch einen spezialisierten Anwalt einholen
Fazit: Internationale Nachlassplanung ist wichtiger denn je
Wer grenzüberschreitend lebt, liebt oder investiert, sollte seine Nachfolge rechtzeitig planen. Internationale Erbfälle sind häufig komplex – aber mit guter Vorbereitung lassen sich Streitigkeiten, Verzögerungen und finanzielle Risiken vermeiden.
Wenn Sie Vermögen im Ausland besitzen, in einem anderen Land leben oder einen Erbfall mit Auslandsbezug klären möchten, unterstützen wir Sie gerne mit fachlicher Expertise und individueller Beratung.